Was tun mit dem Staat?

Wir stellen euch drei Wege vor, wie Transformationsakteur*innen auf Staat schauen und strategisch mit ihm umgehen. Klar ist: In der Realität mischen sich meist verschiedene Strategien. Findet ihr euch und eure Arbeit in einer dieser strategischen Umgangsformen mit dem Staat wieder?

Wir sind die Guten: Den Staat übernehmen

Manche Transformationsakteur*innen gehen davon aus, dass der Staat und seine Institutionen, so wie sie sind, genutzt und dann von innen transformiert werden können. Sie verstehen staatliche Strukturen als wirksame Hebel gesellschaftlicher Transformation, da staatliche Strukturen schließlich zentral unsere Gesellschaft gestalten. Dabei werden sie weitestgehend als neutrale Werkzeuge angesehen, die aktuell lediglich in den falschen Händen liegen. Sie ließen sich aber auch – und sehr wirksam – für die gute Sache nutzen, wenn zum Beispiel Gesetze Minderheitenrechte schützen oder wenn eine Regierung ein Maximaleinkommen festlegen würde. Damit der Staat zu einem Guten Leben für alle beiträgt, müssen daher in dieser Logik Transformations­akteur*innen staatliche Strukturen auf verschiedenen Ebenen übernehmen (→ Baustein: AUF WELCHER EBENE ANSETZEN?). Dabei stellen sich für soziale Bewegungen folgende Fragen: Wie können wir staatliche Strukturen dazu bringen, unsere Forderungen umzusetzen? Wie können wir selbst in Positionen kommen, um staatliche Strukturen mitzugestalten und zu verändern, zum Beispiel in lokalen Behörden oder nationalen Parlamenten? Beispiele für solche Ideen progressiver Staatsprojekte sind die aus den Anti-Austeritäts-Protesten entstandene Partei Unidas Podemos in Spanien oder die Klimalisten in Deutschland.

Eine Gefahr liegt jedoch darin, dass die starren Mühlen staatlicher Strukturen auf diesem Weg die emanzipatorischen und transformativen Ansätze sozialer Bewegungen zermahlen und am Ende des Tages nicht mehr viel davon bleibt. Das zeigte sich zum Beispiel, als die einst aus der Umweltbewegung entstandenen Grünen in hessischer Regierungsverantwortung duldeten, dass die Anti-Autobahn-Proteste 2020 im Dannenröder Forst unter massiver Polizeigewalt geräumt wurden. Und dies war nicht der erste Bruch der Partei mit den einstigen Idealen. Dies lässt sich auch beobachten, wenn die Partei Die Linke zwar außerparlamentarische antirassistische Gruppen und linke Initiativen unterstützt, gleichzeitig aber Landesregierungen, in denen die Partei beteiligt ist, Menschen in Kriegsgebiete abschiebt – wie in Thüringen – oder linke Projekte räumt – wie in Berlin. Das oben beschrie­bene Staatsverständnis und ein entsprechender Umgang mit staatlichen Institutionen findet sich zudem mit vielen Problemen ab, die Staatlichkeit grundsätzlich mit sich bringt – zum Beispiel mit ungleichen Machtpositionen, auch in Demokratien. Zuletzt bleibt die

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Frage, wieso sich trotz progressiver Regierungen so wenig in Richtung sozial-ökologischer Transformation tut? Inwiefern greift ein solches, neutrales Staatsverständnis zu kurz?

„Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat“: Staat(liche Sicherheitsapparate) ablehnen

Viele Gruppen und Menschen, die eine befreite Gesellschaft anstreben, lehnen den Staat als Ganzes oder viele seiner Institutionen grundlegend ab. Einem hegemonialen Verständnis folgend sind staatliche Strukturen die einzigen, die ­legitime ­Gewalt anwenden dürfen – die Rede ist vom vielzitierten Gewaltmonopol des Staats. Doch was ist, wenn der Staat selbst gewaltförmige, ausbeuterische oder unmenschliche Strukturen damit stützt und schützt, zum Beispiel ein ­Grenzregime, das Menschenleben kostet (→ Baustein: DIE GEWALT DER VERHÄLTNISSE ENTLARVEN)?

Die Bewegung Transformative Justice verweist beispielsweise darauf, dass staatliche Institutionen, die vorgeben, Sicherheit herzustellen – wie Polizei, Strafanstalten, Überwachungsmechanismen oder Grenzen –, marginalisierte Gruppen immer diskriminieren. Sie geben an, dass diese Institutionen unsichere Verhältnisse verschärfen, statt sie nachhaltig zu verbessern. Sich auf den strafenden Staat zu verlassen, führe zu weniger Sicherheit und mehr Gewalt – vor allem gegen marginalisierte Gruppen. Für Menschen, die nicht der Dominanzgesellschaft angehören, stelle Staatlichkeit keinen Schutz dar und sorge auch nicht für allgemeine Sicherheit. Vielmehr geht dieser Schutz für sie mit einer Gefährdung einher. Vertreter*innen des Transformative-Justice-Ansatzes stehen in der abolitionistischen Tradition des Kampfes für die Abschaffung der Sklaverei. Heute sind es vor allem queerfeministische und antirassistische Aktivist*innen, die diese Bewegung tragen. Sie sagen, dass strukturelle Veränderungen notwendig seien, um Gewalt zu verringern und das Leben für Menschen sicherer zu machen – indem beispielsweise Armut reduziert und soziale Netze ausgebaut werden. Praktisch bedeutet das, dass die Bewegung Betroffene von Gewalterfahrungen direkt unterstützt. Gleichzeitig soll zukünftige Gewalt präventiv und kollektiv verhindert werden, indem sie die gewaltausübende Person sowie deren Umfeld und Gemeinschaft zur Übernahme von Verantwortung für ihre Gewalt bewegen. Die Aktivist*innen engagieren sich auch im Aufbau von Strukturen, die den gewalttätigen Verhältnissen entgegenwirken sollen, wie Gesundheitsversorgung, Bildungsangebote oder ­nicht-prekäre ­Wohnverhältnisse.

Auch für Anarchist*innen ist der Staat immer mit Herrschaft von A über B verbunden. Das gilt auch dann, wenn es – wie in einem demokratischen System – eine Herrschaft der Vielen ist. Schließlich zeichnet sich der Staat gerade dadurch aus, dass er in einem bestimmten Gebiet Regeln durchsetzen kann – auch mit juristisch gesicherter Gewalt (Polizei, Bußgelder, Gefängnis und so weiter). Dieser Logik folgend wird in unserer Gesellschaft der Staat zum Handlanger für zerstörerische kapitalistische Interessen. Staat ist also immer verbunden mit Herrschaft und Gewalt. Dieser Kern des Staates – dass Menschen über Menschen herrschen – ist daher der Grund, wieso Anarchist*innen Staatlichkeit grundlegend ablehnen. Aus einer solchen Perspektive ergeben sich für Transformation unter anderem zwei Handlungsoptionen, die sich in sozialen Bewegungen häufig ergänzen:

1. Staat zerschlagen: (Strafende) staatliche Strukturen müssen abgewickelt oder aktiv zerschlagen werden. Eine Mitarbeit in seinen Institutionen ist ausgeschlossen, da diese immer herrschaftsförmig und diskriminierend sind. Eine Übernahme staatlicher Macht kann Herrschaftsverhältnisse nicht überwinden.
2. Alternativen aufbauen: Eine Organisierung jenseits staatlicher Strukturen ist zentral und soll in alternativen, nichtstaatlichen, kleinen oder großen Strukturen der Selbstver

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waltung und kollektiver Verantwortungsübernahme passieren. Beispiele sind (neben den genannten kollektiven Unterstützungs- und Verantwortungsstrukturen im Kontext der Bewegung Transformative Justice) die konkreten Selbstverwaltungsräume, die im besetzten Hambacher Wald oder Dannenröder Wald entstanden sind, oder selbstverwaltete Solidarkliniken, Suppenküchen und Tauschmärkte, die 2008 im krisengebeutelten Griechenland das sozialstaatliche Versagen abgefangen haben.

Aber eine Frage bleibt: Geht das überhaupt, Staatlichkeit abschaffen? Wie kommen wir mit diesen Strategien aus den Nischen der Transformation? Wie können die Lebensbedingungen von Menschen verändert werden, die unter den aktuellen staatlichen Strukturen leiden und die mit solchen Nischenprojekten nicht in Kontakt kommen, wenn wir den Staat links liegen lassen?

Beziehungsstatus „Es ist kompliziert“: Kritisch-strategisches Verhältnis zum Staat

Andere Transformationsakteur*innen wiederum haben ein (noch) komplizierteres Verhältnis zum Staat, das so manchen Widerspruch aushalten muss. Sie gehen davon aus, dass staatliche Strukturen keine neutralen Werkzeuge sind. Im Gegenteil: Der Staat wird als Kampffeld verstanden, in dem um Vorstellungen von gesellschaftlicher Ordnung gerungen wird. Kritische Wissenschaftler*innen sprechen dabei von materiellen Verdichtungen von Kräfteverhältnissen27 im Staat. Was bedeutet das? Sie sagen: In den Regeln und Handlungen des Staates werden die Auswirkungen der sozialen und ökonomischen Macht- und Herrschaftsverhältnisse greifbar. Ist die Gesellschaft rassistisch und auf Eigentumslogik ausgelegt, werden auch staatliche Institutionen Menschen rassistisch abwerten und Privateigentum verteidigen. Das zeigt sich beispielsweise dann in Gesetzen, die unser aller Leben beeinflussen. Der Staat ist also kein geschlossener Apparat, sondern in ihm spiegeln sich die gesellschaftlichen Kräfte wider. Das heißt auch, dass zwischen unterschiedlichen

27 Nikos A. Poulantzas (2002/1978): Staatstheorie: politischer Überbau, Ideologie, autoritärer Etatismus. VSA.

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staatlichen Instanzen Widersprüche bestehen – beispielsweise wenn Kommunen Geflüchtete aufnehmen wollen, während das Innenministerium dies blockiert (→ Baustein: AUF WELCHER EBENE ANSETZEN?).

Verschiedene gesellschaftliche Akteur*innen ringen in der Arena des Staates darum, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verschieben. Und dies nicht nur in Form von Stimmanteilen bei Wahlen, sondern eben in ganz vielen Aushandlungen: Ist das harte Vorgehen der Polizei gegen linke Demonstrationen gesellschaftlich akzeptiert oder löst es Massenproteste aus? Wie wird das Verfassungsrecht ausgelegt, wenn es um Geschlechtsoptionen geht? Doch in dieser Arena kämpfen nicht alle mit gleichen Waffen: Im globalen Kapitalismus ist deutlich, dass kapitalstarke Wirtschaftsakteur*innen wie Pharmaunternehmen in der staatlichen Arena eine deutlich wirkmächtigere Position haben als beispielsweise Millionen Menschen im Globalen Süden. Deswegen wird das Patent auf Impfstoffe nicht ausgesetzt, auch wenn es in Zeiten einer globalen Pandemie – wie unter Covid-19 – im Sinne des Gemeinwohls und globaler Gesundheitsversorgung völlig absurd erscheint, nicht allen Menschen so schnell und günstig wie möglich Zugang zur Impfung zu verschaffen. Wenn wir staatliche Strukturen als Ergebnis von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen begreifen, wird verständlich, wieso das passiert.

Es ist ein sehr ungleicher Kampf im Ringen um Staatlichkeit, aber Veränderungen und Verschiebungen sind möglich. Und dies versuchen soziale Bewegungen zu erreichen, die ein kritisch-strategisches Verhältnis zum Staat einnehmen. Bewegungen mit einem solchen Verhältnis gehen davon aus, dass vom Staat keine Lösung der Vielfachkrisen ausgeht und er Herrschafts- und Diskriminierungsformen nicht überwindet. An den Staat zu appellieren oder durch die staatlichen Institutionen zu marschieren, reicht daher für einen transformativen Wandel nicht aus.

Doch wie können wir Verschiebungen auf dem Kampffeld des Staates erreichen und trotzdem als progressive Akteur*innen wirkmächtig bleiben? Und wie kann der Staat als Werkzeug für Transformation genutzt werden? Transformative Akteur*innen mit einem kritisch-strategischen Verhältnis zum Staat probieren hierfür verschiedene Wege aus. Letztlich geht es um eine Kombination verschiedener Strategieelemente. Ein Weg ist zum Beispiel, eigene solidarische Strukturen und Institutionen zu entwickeln, die relativ autonom funktionieren, Menschen überzeugen und sich nicht staatlich vereinnahmen lassen – zum Beispiel solidarische, selbstverwaltete Gesundheitsnetzwerke. Gleichzeitig können bestehende staatliche Strukturen soweit möglich und im Sinne einer revolutionären Realpolitik (→ Baustein: REALPOLITIK REVOLUTIONÄR GESTALTEN) für emanzipatorische Projekte ausgereizt und genutzt werden – zum Beispiel wenn juristische Mittel für transformative und demokratisierende Zwecke herangezogen werden. So macht es die Volksentscheidsinitiative ­Deutsche ­Wohnen und Co. enteignen in Berlin vor, die die Kontrolle über Wohnraum wieder in die Hand der Mieter*innen legen will. Solche Initiativen, die versuchen, die Macht in staatlichen Strukturen zu dezentralisieren und zu demokratisieren, können eine wichtige Rolle spielen für transformative Bewegungen – also zum Beispiel Volksentscheide, lokale Rätestrukturen wie Ernährungsräte oder partizipative Bürger*innenhaushalte. Dies kann die Handlungsspielräume sozialer Bewegungen erweitern. Und auch wenn der Gang durch die Institutionen in sozialen Bewegungen kritisch diskutiert wird: Um diese Institutionen tatsächlich wirkmächtig nutzen zu können, kann die Zusammenarbeit mit progressiven Akteur*innen innerhalb staatlicher Institutionen von Vorteil sein.

Wie deutlich wird, ist die Auseinandersetzung mit Staat und Staatlichkeit ziemlich kompliziert. Aber sie ist auch grundlegend für die Frage nach Transformationsstrategien und hängt eng mit den Vorstellungen von gesellschaftlichem Wandel zusammen. Diese Fragen

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mehr in sozialen Bewegungen zu besprechen, eröffnet andere Perspektiven auf Strategien gesellschaftlicher Transformation. Und auch wenn die Antworten dann unterschiedlich ausfallen: Wahrscheinlich braucht es für die Transformation gerade das Zusammenspiel verschiedener Strategien im Umgang mit dem Staat (→ Baustein: KEINE MUSS ALLEINE). Und hier spielt auch die zeitliche Dimension eine Rolle: Für welche eher kurzfristigen Forderungen kann Staatlichkeit im Sinne revolutionärer Realpolitik genutzt werden? Und welche Vorstellungen von einem Guten Leben für alle sind mit Staatlichkeit unter den aktuellen Bedingungen nicht vereinbar?

Beispiel: MST – zwischen Besetzungen, Autonomie und Wahlkampf

Die Darstellung der unterschiedlichen Strategien im Umgang mit Staat und Staatlichkeit ist sehr idealtypisch. Die brasilia­nische Landlosenbewegung Movimento dos Sem Terra (MST) ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich in der Praxis die unterschiedlichen Umgangsformen mit staatlichen Institutionen mischen und sich je nach konkreten Rahmenbedingungen verändern. Ziel der MST ist ein grundlegender Wandel in der extrem ungleichen Landverteilung und ungerechten Agrarpolitik. Die MST setzt sich darüber hinaus breiter für eine gerechte und ökolo­gische Gesellschaft ein. Die MST hat in ihrer fast vierzigjährigen Geschichte eigene basisdemokratische Entscheidungsstrukturen im großen Maße aufgebaut (in der MST sind etwa 1,5 Millionen Menschen organisiert). Zudem hat die MST eigene soziale Infrastrukturen entwickelt, beispielsweise unabhängige Schulen und Bildungseinrichtungen für Kinder und Erwachsene sowie auch Kliniken. Dadurch konnte sie Strukturen aufbauen, die ihr eine gewisse Unabhängigkeit von staatlichen Strukturen ermöglichen. Das größte politische Druckmittel der MST sind illegale Besetzungen von ungenutztem Land oder von Ländereien in gesetzeswidrig bewirtschaftetem Großgrundbesitz.

Trotz ihrer Unabhängigkeit hatte die MST in der Vergangenheit ein strategisches Verhältnis zum brasilianischen Nationalstaat. In der Zeit linker Regierung nutzte die MST staatliche Politik, um die Handlungsspielräume der Bewegung und auch die Lebensbedingungen ihrer Mitglieder abzusichern. Mit den Besetzungen versucht die MST zum Beispiel, die staatlichen Behörden unter Druck zu setzen und juristische Prozesse zu führen, um das Land von unrechtmäßigen Landbesitzenden den landlosen Familien zu überschreiben. Bereits über 400 000 Familien konnten so legale Landtitel erhalten. In der Vergangenheit gab es zudem Versuche von Aktivist*innen der MST, in Parlamenten, Behörden oder lokalen Regierungen Ämter zu erlangen, um so die Möglichkeiten für Ressourcenverteilung an die Landbevölkerung aus den staatlichen Strukturen heraus zu nutzen. Zu Beginn der Regierungszeit des linken Präsidenten Lula, der eine großangelegte Landreform angekündigt hatte, entschied sich die MST dazu, die Landbesetzungen einzuschränken. Sie wollten so das politische Vorhaben unterstützen – wissend, dass eine Landreform strukturell die Ungleichheiten in der Landverteilung verändern würde. Als jedoch deutlich wurde, dass die Landreform von Präsident Lula in der Realität nicht den Erwartungen der MST entsprach, wurden die Landbesetzungen und auch andere politische Großaktionen erneut aufgenommen. Dies sollte den Druck auf die linke Regierung wieder erhöhen und materielle Veränderungen in der Landvergabe anstoßen. Seit Regierungsantritt des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro hatte die MST wiederum mit massiven Angriffen vonseiten des Staates zu kämpfen.

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Übung 1: Wenn ich an den Staat denke…

Einleitung

Diese Assoziationsübung soll zunächst einen Einstieg in die Auseinandersetzung mit dem Thema Staat ermöglichen, indem du dir/ihr euch zunächst über eure ganz spezifischen, instinktiven Verständnisse von Staat und Erfahrungen mit staatlichen Strukturen bewusst werdet.

  • Min. 20 Minuten
  • Alleine als stille Denkübung oder zu zweit als gemeinsame Denkübung
  • Stift und Papier

Ablauf

Lest nacheinander folgende Fragen durch und notiert jeweils in Stillarbeit eure Antworten auf einem Zettel.

  • Wenn du an Staat denkst, welche fünf Wörter kommen dir als erstes in den Sinn?
  • Wenn du an Staat denkst, welche fünf Gefühle kommen dir als erstes in den Sinn?
  • Wenn du an Staat denkst, welche Farbe kommt dir als erstes in den Sinn?

Wenn ihr diese Übung zu zweit ausführt, lest euch gegenseitig die Antworten vor. Überlege dann alleine oder überlegt gemeinsam, was diese Assoziationen über dein/euer Verständnis von Staat und Staatlichkeit aussagen.

Quelle der Übung

Die Übung haben wir neu erarbeitet.

Übung 2: Transformation im Plenarsaal oder im Plenumszelt?

Einleitung

Mit dieser analytischen Gruppenübung könnt ihr gemeinsam in eine vertiefte Diskussion über euren politischen Umgang mit staatlichen Strukturen einsteigen. Dabei helfen euch Impulse aus Texten und einem Podcast.

Ablauf

1. Eintauchen in Text und Ton (30 Minuten)
Lest euch (einzeln oder gemeinsam) folgende Texte durch beziehungsweise hört euch den Podcast-Ausschnitt an. Achtet beim Lesen/Hören auf folgende Fragen:

  • Welche Verständnisse von Staat tauchen in den Texten und Beiträgen auf?
  • Welche Strategien zum Umgang mit dem Staat für Transformation werden vorge­schlagen?
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  • Ca. 90 Minuten
  • 3-15 Personen
  • ab 9 Personen: siehe Anpassungsvorschlag am Ende der Übung
  • Materialtexte ausgedruckt oder digital
  • Audioabspielgerät und Lautsprecher für Podcast
  • Stift und Papier für Notizen

Wenn ihr mögt, könnt ihr euch Notizen machen, während ihr lest/hört.

Texte und Podcast:

2. Verständigung (20 Minuten)
Tragt danach in der Gruppe zusammen, welches Staatsverständnis und Strategien in den einzelnen Texten vorgeschlagen werden. Nehmt euch dafür 20 Minuten Zeit.

3. Diskussion (40 Minuten)
Diskutiert im Anschluss mithilfe folgender Leitfragen, was euch beim Lesen/Hören in den Sinn gekommen ist.

  • Wenn ihr an eure eigene politische Arbeit zurückdenkt: Wie seid ihr bislang mit dem Staat umgegangen? (Wo) findet ihr euch in den Beiträgen wieder? Wo habt ihr beim Lesen/Hören vielleicht den Kopf geschüttelt?
  • Welcher Aspekt hat euch bewegt oder überrascht? Worüber würdet ihr gern mehr ­wissen oder sprechen?
  • Hat sich nach dem Hören und Lesen der Beiträge euer Blick auf Staat und Staatlichkeit verändert? Wenn ja, inwiefern?

Variante

Für Gruppen ab 9 Personen: Teilt euch in drei Gruppen auf und lest/hört und diskutiert pro Gruppe einen Text/den Podcast. Nehmt euch dafür 15 Minuten Zeit. Kommt wieder in der Großgruppe zusammen und tragt dann den Inhalt eures Textes/Podcasts in maximal 5 Minuten an die anderen zurück. Lasst 5 Minuten pro Gruppe für Rückfragen zu. Steigt dann wie oben beschrieben in die Diskussion ein.

Quelle der Übung

Die Übung haben wir neu erarbeitet.

Zum Weiterstöbern

  • Karbis, Lumii, Milan, Rafiki und Vicuña (2022): Staat: Ende Gelände mit dem Staat? In: Ende Gelände: We shut shit down. Edition Nautilus, S. 171-184.
  • Melanie Brazzell (2019): Was macht uns wirklich sicher? Edition assemblage.
  • Friederike Habermann (2009): Freiheit, Gleichheit, Ausschluss. Staatlichkeit und Intersektionalität. In: Staat und Geschlecht: Grundlagen und aktuelle Herausforderungen feministischer Staatstheorie. Nomos, S. 199-214.
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